Meine erste Subkultur-Definition

Im Oktober 1996 erschien mit «Begerts letzte Lektion» das erste Buch im Rahmen des NONkONFORM-Projekts. Während des Studiums der Geschichte der subkulturellen Zirkel in Bern ab 1955 – des «Kerzenkreises», des «Tägel-Leists» und der «Junkere 37» – entwickelte ich für mich einen Subkultur-Begriff, der nicht mehr einer manichäisch formulierten, linken Besserwisserei verpflichtet war, sondern der Einsicht – die ich als Tugend des WoZ-Kollektivs in seinen guten Momenten ja seit fünfzehn Jahren kannte ­–, dass in den gesellschaftlichen Bereichen mit subkulturellem Charakter jene bestimmen, was getan wird, die es auch tun. Und dass es getan wird, weil es aus vernünftigen Gründen getan werden muss, nicht weil es bezahlt wird.

Für kulturelle Aufbrüche – eigentlich sind Subkulturen nichts anderes – braucht es deshalb eine Definition, die für alle solchen Aufbrüche gleichermassen gelten kann: Subkulturen sind, was ich erst während der Arbeit am NONkONFORM-Projekt lernte, kein linkes Privileg.

Meine erste Subkultur-Definition lautete wie folgt:

«Unter Subkultur verstehe ich
heute
jenen Prozess,
der überall dort in Gang kommt, wo sich Menschen
– die nicht für das Geld, sondern trotz des Geldes leben wollen –
ohne formelle Organisationsstrukturen zusammentun,
um sich von den Rändern der Gesellschaft her
mit öffentlichem Anspruch
in verschiedensten Formen und über verschiedenste Kanäle
Gehör zu verschaffen
für ihre ideellen Werte,
die sie für unabdingbar emanzipativ halten.»

(09./15.10.1996; 14.12.2017; 13.07.2018)

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