Die Sache mit dem Kulturgüterschutz

Die radikalisiertesten Positionen der beiden Sprachuniversen wurden immer von solchen vertreten, die Herrschaft und Gewalt ausüben wollten und sich deshalb mit Symbolen ihrer Gewalt und Herrschaft in den Lebensraum eingeschrieben haben.

• Der radikalisierte soziale Diskurs in der Landschaft: Wie haben Blick und Interesse der Krieger die Landschaft strategisch besetzt? Zusammenzutragen sind die Spuren von Aufklärung und Überwachung, vom Burgenbau über Schützengräben, Panzersperren und militärisch wichtigen Strassenbauten bis zum oberirdischen Kameragewimmel von heute und den unterirdischen Bunkerlabyrinthen für die Zukunft.

• Der radikalisierte existentielle Diskurs in der Landschaft: Wie haben Blick und Interesse der Priester die Landschaft strategisch besetzt? Zusammenzutragen sind die Spuren von hegemonialer Symbolik im Raum, von den stets zentral gebauten Kirchen in den Dörfern, über die Verkruzifixierung der Landschaft, Klöster, Pilger- und Prozessionswege bis zur Infrastruktur freikirchlicher Mission für die Zukunft.

Fokussiere ich meinen Blick unter den beiden Perspektiven, finde ich in der Landschaft flächendeckend Spuren der beiden Sprachuniversen, die sich zu Symbolen säkularen und geistlichen Machanspruchs materialisiert haben. Wenn ich sie zurzeit als wenig bedrohlich wahrnehme, dann deshalb: Die Krieger-Symbole sind entschärft durch die nichtkriegerische, die Priester-Symbole durch die säkulare Zeit, in der ich lebe.

Aber nur einen Gedanken weiter erscheint die Welt wieder mit den ungemütlichen Schlagschatten der beiden Sprachuniversen: Warum, könnte ich fragen, reisst man eigentlich die Materie gewordenen Symbole der ins Unmenschliche getriebenen radikalen Positionen dieser Universen nicht einfach ab und versucht, sie mit menschlicheren zu ersetzen? – Undenkbar! – Und warum? – Kulturgüterschutz!

Daraus folgt: Solange die Menschen die Symbole ihrer materiellen und ideologischen Unterdrückung als Kultur verehren und verteidigen, wollen sie unterdrückt werden (am liebsten im Namen der Freiheit – aber das lässt sich, wie die Geschichte zeigt, mindestens ab und zu und da und dort machen).

(05./17.05.2005; 10., 17.+24.04.2018)

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