Überkapitalistische Konzerne

Sprache, die über die Menschenwelt, die menschlichen Verhältnisse, hinausgetrieben wird, die Sprache der Metaphysik, ist nicht seriös konnotierbar. Begriffe wie Gott, Jenseits, Ewigkeit, Himmel & Hölle etc. sind leer und bedeuten deshalb genau das, was die Herrschaft der Metaphysik-Verwaltungen an Bedeutungen vorgibt.[1] Die Neufassung eines metaphysischen Begriffs aus der Position der Machtlosigkeit ist eine Definition für Häresie.

Die metaphysische Rede bedeutet inhaltlich nichts. Das ist ihr Geheimnis. Aus diesem Geheimnis formen Kirchen im weiten Sinn als multinationale Konzerne Waren auf dem Markt der Ideologien. Solche Waren werden stets nachgefragt, weil sie sich probat in den Dienst der Erhaltung und des Ausbaus von Herrschaft stellen lassen.

Genau besehen ist diese Ware das warenästhetisch mit Bildern und Wörtern bunt behängte Nichts. Es kann rohstofffrei und in beliebiger Menge produziert und unter allen gesellschaftlichen Bedingungen als Breitband-Plazebo bei Sinnkrisen an die Knechte und Mägde appliziert werden – auch in säkularen Gesellschaften überall dort, wo die pharmakologische Einebnung von sozialer Auffälligkeit nicht angezeigt ist.

Die Eigenart dieser Waren ermöglicht es den Metaphysik-Verwaltungen, eine Preispolitik ohne allzu kurzfristige Gewinnüberlegungen zu betreiben. Sie können in überkapitalistischen Dimensionen planen. Das garantiert Langlebigkeit.

[1] «…die Unendlichkeit, die Ewigkeit […] sind längst als nichtssagendes Lautgebilde abgetan.» (Max Horkheimer, in: Notizen, Gesammelte Schriften Bd. 14. Frankfurt am Main [Fischer], 1988, S. 126)

(24.4.1989; 23.+29.01.; 01.02.2018)

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