Behauene Steine

L., mein Mitbewohner, erzählt, als Fünftklässler habe er als Schönschreibübung immer wieder den Satz schreiben müssen: «Willst du, dass wir mit hinein in das Haus dich bauen, lass es dir gefallen, Stein, dass wir dich behauen.»

Dieser Vierzeiler Friedrich Rückerts spiegelt jene schwarze Pädagogik, die Friedrich Nietzsche etwas später als «Mnemotechnik» bezeichnet hat. Diese sei die «allerälteste (leider auch allerlängste) Psychologie auf Erden» und bestehe aus folgendem «Hauptsatz»: «Man brennt etwas ein, damit es im Gedächtnis bleibt: nur was nicht aufhört, wehzutun, bleibt im Gedächtnis.»[1]

Was tut man sich eigentlich an, wenn man sein ganzes Leben als Schönschreibübung versteht?

[1] Friedrich Nietzsche: Zur Genealogie der Moral. Werke III. München (Ullstein) 1972, S. 248.

 (09.+13.04.1989; 25., 30.04.+07.05.2018)

v11.5