Parin lädt zur Fischsuppe

Pierre Franzen, Redaktor der Zeitschrift «Widerspruch», mit dem ich wegen eines Textes telefoniere, kommt eben von der Gedenkfeier für die Psychoanalytikerin Goldy Parin-Matthèy († 25.04.1997) und erzählt: Ihr Lebenspartner, der Psychoanalytiker Paul Parin, habe an der Feier selber gesprochen, ausgehend von einem Text seiner Frau. Darin sei eine Art «Radikalsoziologie einer anarchistischen Subkultur der Greise und Greisinnen» entworfen worden.

Parins Auftritt sei in seiner antidepressiven Wirkung berührend gewesen. Mit seinem Denken und seinem Stil habe er Liebe auszudrücken vermocht, die darin gegipfelt habe, dass er am Schluss seiner Ansprache – in der Kirche – die Trauergemeinde zu einer Fischsuppe eingeladen und dazu allen guten Appetit gewünscht habe.

(2.5.1997; 21.10.2005; 08.+10.11.2017; 30.06.2018)

 

Nachtrag

Ich bin Paul Parin nie persönlich begegnet, erinnere mich aber gerne an drei flüchtige Kontakte mit ihm: 1983 zitierte er unter Verweis auf «Zangger, 1981» in einem wissenschaftlichen Aufsatz den Begriff des «Stuporbürgers» und spielte damit auf einen meiner ersten WoZ-Beiträge an – «Hoffnung für die Welt» –, den ich unter dem Pseudonym des Jugendbewegten Anataol Jeremia Zangger veröffentlicht hatte. Anfang 1990 bedankte er sich mit einem freundlichen Brief für die Zusendung eines Exemplars des «Konvoluts». Und im Herbst 2004 war ich Zeuge eines grossartigen Auftritts des unterdessen 88jährigen Parins, der bei dieser Gelegenheit als erzählender Zeitzeuge sein 20. Jahrhundert Revue passieren liess.

(10+11.11.2017)

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